Warum KMU auf Betriebliche Gesundheitsförderung setzen sollten
99,3 Prozent der Unternehmen in Deutschland sind kleine und mittelständische, in denen rund 60 Prozent der sozialpflichtig Beschäftigten arbeiten. Doch nur die wenigsten KMU bieten ihren Mitarbeitern eine betriebliche Gesundheitsförderung an. Dabei können Firmen und Betriebe in vielerlei Hinsicht davon profitieren und auch steuerliche Vorteile nutzen.
In zahlreichen Branchen ist die tägliche Arbeitsbelastung erheblich gestiegen. Die Gründe liegen hierfür in der oftmals rasanten technischen Entwicklung und auch im wachsenden wirtschaftlichen Druck für die Unternehmen selbst aufgrund des Wettbewerbs. Dies führt gleichzeitig zu einer stärkeren Belastung jedes einzelnen Mitarbeiters - sowohl körperlich als auch psychisch. Um dies aufzufangen, setzen Unternehmen verstärkt auf eine betriebliche Gesundheitsförderung.
Betriebliche Gesundheitsförderung - was ist das eigentlich?
Betriebliches Gesundheitsmanagement BGM
Dieses umfasst drei Bereiche:
- Betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutz - rechtlich verpflichtender Schutz der Beschäftigten vor arbeitsbedingten Gefährdungen.
- Betriebliches Eingliederungsmanagement - Arbeitgeber sind verpflichtet, Maßnahmen zur Überwindung von Arbeitsunfähigkeit und zur Reintegration erkrankter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ergreifen.
- Betriebliche Gesundheitsförderung BGF - freiwillige Maßnahmen des Arbeitgebers zum Abbau von Fehlbelastungen und zur Förderung gesunder Verhaltensweisen am Arbeitsplatz sowie zur Stärkung gesundheitsförderlicher Faktoren.
Die betriebliche Gesundheitsförderung umfasst zweierlei Maßnahmen. Zum einen werden darunter Maßnahmen verstanden, die auf das Verhalten von Mitarbeitern ausgerichtet sind. Man spricht hierbei von „Verhaltensprävention“. Zum anderen umfasst die betriebliche Gesundheitsförderung aber auch Maßnahmen, die die Arbeitsbedingungen in den Firmen und Betrieben analysieren. Experten nenne dies „Verhältnisprävention“.
Die betriebliche Gesundheitsförderung ist dabei ein freiwilliger Baustein des Arbeitgebers eines sogenannten Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM).
Vorteil der BGF: Weniger Krankheitsausfälle bei der Belegschaft
Laut dem Gesundheitsreport 2017 der Techniker Krankenkasse gab es im Jahr 2016 insgesamt 75 Millionen krankheitsbedingte Fehltage und damit seit zehn Jahren erstmals einen Rückgang. Im Durchschnitt waren Männer 13,73 Tage krank, Frauen 17,02 Tage. Zu einem Großteil waren die Fehlzeiten auf Erkrankungen des Muskel-Skelett-Apparats zurückzuführen wie beispielsweise auf Rückenschmerzen.
In den letzten Jahren sind daneben auch immer mehr psychische Erkrankungen diagnostiziert worden. Es häufen sich die Fälle, in denen Mitarbeiter nicht nur aufgrund der körperlichen Belastung, sondern auch des psychischen Stresses mit „Burnout“ oder Nervenzusammenbrüchen in den Firmen und Betrieben ausfallen. In Vorträgen, Seminaren und Kursen können Angestellte und Mitarbeiter lernen, wie sie mit Stress umgehen, diesen positiv wandeln, aber auch mit unterschiedlichen Techniken bewältigen und abbauen können. Immer mit dem Ziel der Vorsorge und Prävention bei den Mitarbeitern.
In Unternehmen, auch in kleinen und mittelständischen, haben sich die Krankheitstage der Mitarbeiter signifikant reduziert, wenn diese auf eine betriebliche Gesundheitsförderung setzen. Ja, für solche Maßnahmen müssen die Betriebe ein zusätzliches Budget einplanen. Aber gleichzeitig sparen Firmen und Betriebe dann bei den Krankheits- und Folgekosten. Eine Investition, die sich für jedes Unternehmen auszahlt.
Weitere Vorteile für KMUs
Die demografische Entwicklung innerhalb der Bevölkerung wird zukünftig Betriebe und Firmen vor weitere Herausforderungen stellen. Mit hoher Leistungsfähigkeit bis zum Alter von 67 Jahren zu arbeiten wird nur bei guter Gesundheit möglich sein. Denn die Belastung durch körperliche Arbeit wird mit steigendem Alter deutlicher spürbar. Und gerade ältere Mitarbeiter mit ihrem Fachwissen und Erfahrungswerten sind von großem Wert für die Unternehmen. Führungskräfte sollten sich dies bewusst machen. Mitarbeiter aufgrund von vermeidbaren Krankheiten für den Betrieb zu verlieren, könnte sich zukünftig als großer Wettbewerbsnachteil herausstellen.
Firmen und Betriebe haben gleichzeitig die Chance, mit Gesundheitsangeboten für Mitarbeiter ihr Image zu verbessern und sich für Bewerber interessanter zu machen. Ein großes Plus im immer härter werdenden Wettkampf um neue Mitarbeiter.
Angebote zur Gesundheitsförderung sind aber auch ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern. Und dies wird von diesen oftmals als sehr positiv wahrgenommen und zeigt sich in einer höheren Zufriedenheit und einem höheren Engagement. Gleichzeitig ist bei einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit auch die Bindung an das Unternehmen stärker. Die personelle Fluktuation sinkt, ebenso wie die damit verbundenen Kosten und der Zeitaufwand für die Suche neuer Mitarbeiter.
Steuervorteile nutzen
Auch auf staatlicher Seite ist man seit längerem davon überzeugt, dass die betriebliche Gesundheitsförderung ein wichtiges Mittel darstellt, um die Produktivität und Leistungsfähigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu steigern und sie gleichzeitig vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch beispielsweise schwere körperlichen Arbeiten im Handwerk oder auch Stress am Arbeitsplatz zu schützen. Aus diesem Grund unterstützt der Staat einzelne Maßnahmen mittels steuerlicher Vergünstigungen für Firmen und Betriebe.
Förderungsfähige Maßnahmen
Es werden Maßnahmen steuerbefreit, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen der §§ 20 und 20b Abs. 1 i. V. mit § 20 Abs. 1 Satz 3 SGB V genügen. Hierzu zählen:
- Bewegungsprogramme
- Ernährungsangebote
- Suchtprävention
- Stressbewältigung
Bis zu 500 Euro pro Mitarbeiter und Jahr können Unternehmen lohnsteuer- und sozialabgabefrei für Maßnahmen der Gesundheitsförderung investieren. Wichtig ist, dass diese Maßnahmen zusätzlich zum eigentlichen Arbeitslohn gewährt werden. Eine reine Gehaltsumwandlung ist nicht steuerbegünstigt.
Doch Vorsicht: Nicht steuerfrei ist es, wenn Unternehmen Mitgliedsbeiträge für einen Sportverein, Gesundheitszentrum oder Fitnessstudio übernehmen. Diese können nur dann steuerlich abgesetzt werden, wenn zertifizierte Kurse in den Vereinen und Studios besucht werden und dies auch mittels Teilnahmeschein nachgewiesen werden können. Teilnahmeschein und Rechnung sollten den Lohnunterlagen beigefügt werden. Empfehlenswert ist zusätzlich, diesen Dokumenten eine detaillierte Beschreibung der jeweiligen Maßnahme hinzuzufügen.
Sind Unternehmer nicht sicher, ob sie eine Maßnahme steuerlich geltend machen können, sollten sie sich an das zuständige Finanzamt wenden und dort eine Anrufungsauskunft einholen.
Sollte eine Maßnahme nicht förderungsfähig sein, können Unternehmen auch auf anderem Weg, diese einem Mitarbeiter zugute kommen lassen - und zwar dann, wenn eine Gehaltserhöhung ansteht. Arbeitgeber können diese auch in Form eines Gutscheins für Massagen, Workshops oder Fitnesskurse gewähren. Davon profitieren ebenfalls beide Seiten.
Krankenkassen beteiligen sich an Kosten für BGF
Das Einrichten von beispielsweise ergonomischen Arbeitsplätzen mit entsprechenden Stühlen oder auch höhenverstellbaren Schreibtischen erfordert größere Investitionen. Die Krankenkassen sind verpflichtet, sich erheblichen an den Kosten für betriebliche Gesundheitsförderung zu beteiligen.
Sie unterstützen Firmen und Betriebe aber auch auf anderem Wege. Die Experten der Krankenkassen beraten und begleiten Unternehmen bei allen Fragen zur betrieblichen Gesundheitsförderung. Hierzu werden die Arbeitssituationen vor Ort analysiert und erarbeitet, wie gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen gestaltet werden können. Aber auch bei der Umsetzung ergriffener verhaltenspräventiver Maßnahmen z.B. zur Stressbewältigung helfen die Experten der Krankenkassen.
Um noch besser gerade Klein- und Mittelständische Betriebe zu erreichen, beraten die Krankenkassen in enger Kooperation mit regionalen Industrie-, Handels- und Handwerkskammern. Auf den Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit gibt es umfangreiche Informationen hierzu.
So kann Betriebliche Gesundheitsförderung in KMU aussehen
Große Unternehmen erarbeiten oftmals ein weitreichendes Konzept für ein betriebliches Gesundheitsmanagement. In KMU, in denen sich die Geschäftsleitung selbst um dieses Thema kümmern muss, fehlen hierfür häufig Zeit und auch das erforderliche Fachwissen.
Doch gerade klein- und mittelständische Betriebe haben die Chance, von einer betrieblichen Gesundheitsförderung zu profitieren. Einerseits sorgen sie selbst für effiziente und leistungsstarke Mitarbeiter. Gleichzeitig haben diese Firmen mit diesen Angeboten die Chance, sich als attraktiver Arbeitgeber bei potentiellen Fach- und Arbeitskräften darzustellen.
Hierfür ist es auch nicht zwingend erforderlich ein umfassendes eigenes Betriebsmanagement-Konzept vorliegen zu haben. Im ersten Schritt ist es wichtig, die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Boot zu holen und diese danach zu fragen, welche Form der betrieblichen Gesundheitsförderung sie sich wünschen.
Und hier können es bereits kleine Veränderungen sein, die dennoch einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit der Belegschaft haben und gleichzeitig die Mitarbeiterzufriedenheit steigern.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Familien mit Kindern sind im Alltag aufgrund der erforderlichen zusätzlichen Betreuung mit Organisationsaufwand und damit verbundenem Stress belastet. Firmen, die beispielsweise darauf achten, dass Sitzungen und Meetings während der Kindergarten- und Schulzeiten stattfinden, sorgen hier schon für Entlastung. Und weniger gestresste Mitarbeiter werden seltener krank. Gleiches gilt aber auch für die Betreuung und Pflege von Angehörigen.
Flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit zum Homeoffice oder auch das Ausrichten der Pausenzeiten an die Bedürfnisse der Mitarbeiter gehören ebenso dazu. Unternehmen sollten hierzu auf ihre Mitarbeiter zugehen und sie nach ihren Wünschen fragen. Oft sind es bereits kleine Änderungen im Arbeitsablauf, die für eine große Entlastung sorgen.
Kostenlose Getränke am Arbeitsplatz
Wer ausreichend trinkt, ist konzentrierter und leistungsstärker. Studien haben auch gezeigt, dass chronische Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht bei Menschen, die auf ihren Wasserhaushalt achten, deutlich seltener vorkommen.
Es lohnt sich daher aus der Sicht eines Klein- oder Mittelständlers darauf zu achten, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausreichend mit Wasser versorgt sind. Nach einer Umfrage der Jobseite Indeed unter 1000 Angestellten wünschten sich 95 Prozent der Befragten kostenlose Getränke am Arbeitsplatz. Jedoch nur bei 52 Prozent gab es dieses Angebot bei ihren Betrieben.
Ausgaben zu 100% steuerlich absetzbar
Wenn Sie Ihren Mitarbeitern kostenlos Getränke am Arbeitsplatz anbieten, zählt dies unter gewissen Voraussetzungen als „Aufmerksamkeit“. Diese können Sie zu 100% von der Steuer absetzen. Aber Vorsicht: Bewirtungskosten können nur zu 70% abgesetzt werden.
Klein- und mittelständische Unternehmen haben hier die Möglichkeit, sich von Konkurrenten auf dem Markt bei Bewerbern positiv hervorzutun. Wer auf Gesundheitsförderung innerhalb des Betriebs achtet, wird davon nicht nur mit geringeren Krankheitstagen bei der Belegschaft profitieren. Für neue Mitarbeiter machen Sie sich damit attraktiver.
Der Gesetzgeber unterstützt Sie dabei zusätzlich. Als Arbeitgeber haben Sie die Möglichkeit, nach §3 Nr. 34 EStG zusätzlich zum Entgelt steuer- und beitragsfreie Zuschüsse zur Gesundheitsförderung an die Beschäftigten zu zahlen. Auch das Anbieten von kostenlosen Wasser am Arbeitsplatz gilt als Leistung zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung, so dass für Arbeitgeber auch hier gilt: steuerfrei sind bis zu 500 Euro pro Arbeitnehmer und Kalenderjahr.
Der gesunde Obstkorb
Ein Brötchen schnell auf die Hand, Currywurst mit Pommes, weil es schnell geht und günstig ist, und abends muss es dann „was richtiges“ sein, weil das Essen in der Kantine mal wieder nicht genießbar war. Angestellte haben es schwer, sich bei all dem Stress am Arbeitsplatz ausgewogen zu ernähren.
Die Betriebliche Gesundheitsförderung kann an diesem Punkt ansetzen. In Klein- und Mittelständischen Betrieben gerade im Handwerksbereich gibt es selten eine Kantine, in der sich die Belegschaft versorgen kann. Aktionstage wie beispielsweise „Mediterrane Kost“, „Salzarm genießen“ oder auch „Low Carb“ fallen daher weg. Ernährungsinformationen lassen sich jedoch auch auf anderem Weg verbreiten. „Tipps der Woche“ mit Rezepten, Ideen zum Stressabbau und mehr Bewegung im Alltag lassen sich per Mail an alle Mitarbeiter verschicken. Oder Sie informieren zentral über das Intranet ihre Mitarbeiter; so lassen sich kleine Trinkerinnerungen oder auch Ideen für mehr Bewegung im Büro beispielsweise auch über den Bildschirmschoner anzeigen.
Und auch in den Pausenräumen kleinerer Betriebe können die Verantwortlichen etwas für die gesunde Verpflegung ihrer Mitarbeiter tun. Richten Sie beispielsweise Salat- oder Saftbars ein oder suchen Sie für das Befüllen der Verpflegungsautomaten einen Anbieter, der sich auf „gesunde Kost“ spezialisiert hat.
Bieten Sie ihrer Belegschaft einen bunten Obstkorb an, an dem sie sich bedienen kann. Auch dies unterstützt ihre Mitarbeiter bei einer bewussten Lebensweise. Und der Gesetzgeber bietet Ihnen als Unternehmen einen zusätzlichen finanziellen Anreiz, mit kostenlosem Obst auf Prävention bei der Gesundheit zu achten. Auch das gratis Obst für Angestellte gilt als Aufwendung für „Leistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung“ und die Ausgaben steuer- und sozialabgabefrei nach §3 Nr. 34 EStG.
Als KMU Kooperationen für BGF nutzen
Positive Beispiele eines umfassenden Gesundheitsmanagements gibt es zahlreiche. Häufig treten gerade große Konzerne und Unternehmen damit an die Öffentlichkeit. Für den Handwerksbetrieb oder den Mittelständler mit wenigen Mitarbeitern kommen solche unternehmenseigene Konzepte jedoch nicht in Frage. Es fehlt schlichtweg an freien Ressourcen für die Planung und Umsetzung. Und dabei sind in Deutschland mehr als zwei Drittel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen tätig. Es sind hier also andere Wege und Vorgehensweisen erforderlich, um das Thema Gesundheitsförderung umzusetzen.
KMU, die auf der Suche nach einem passenden Konzept zur betrieblichen Gesundheitsförderung sind und hierfür Beratung benötigen, können sich beispielsweise an die BGF-Koordinierungsstelle der gesetzlichen Krankenkassen wenden.
Auch wenn es um einzelne Präventionskurse geht, sind die Krankenkassen der richtige Ansprechpartner. Wichtig hierbei ist auf eine entsprechende Zertifizierung der Kurse zu achten, damit Unternehmen von der Steuerbefreiung profitieren können.
99,3 Prozent der Unternehmen in Deutschland sind kleine und mittlere Betriebe, die in vielen Bereichen regionale Netzwerke nutzen, um von Synergien zu profitieren. Auch für den Bereich der Gesundheitsförderung bietet sich dies an. Sei es durch gemeinsam genutzte Kantinen, Angebote zum Betriebssport oder Gesundheitstage. Es lohnt sich für KMU, in Sache Vorsorge und Prävention Partnerschaften mit benachbarten Unternehmen einzugehen.